JOHOTRALLALA!

-eine Provinzposse nach Webers "Freischütz"-


JOHOTRALLALA!

Mit dieser Provinzposse rückt die Serkowitzer Volksoper DER heiligen Kuh der Dresdner Operngeschichte zu Leibe – dem „Freischütz“ von Carl Maria von Weber. Es gibt vorwiegend Webersche Musik, einfühlsam gespielte, anrührende Szenen, dann wieder Albernheiten, politische Bezüge, Psychologisches neben Slapstick, und das alles zusammengehalten von Gott und Teufel, die so gar nicht den landläufigen Vorstellungen entsprechen.

Der Originalschauplatz des Weberschen „Freischütz“ ist Böhmen nach dem Dreißigjährigen Krieg. Deshalb hat sich Milko Kersten mit den „Musi nad labem“ für böhmische Blasmusik entschieden: Klarinetten und Hörner nebst Kontrabass und Klavier. Vertreten sind auch Karel Svoboda, der im Uraufführungsjahr 2013 75 Jahre alt geworden wäre, und natürlich Richard Wagner. Der immerhin hatte in seiner Jugend den Freischütz als Initial für seine eigene Karriere erlebt. Dennoch: Keine Note der Komponisten wurde verändert. Die neue Collage aber lässt manchmal vergessen, wer was schrieb...

Heiteres Jägerlatein mit gehörnten Darstellern – dieses Motto gilt bei Kostümen und Bühnenbild von Ella Späte. So wie beim Damwild die Größe des Geweihs über den sozialen Status Auskunft gibt, erkennt man das ebenfalls bei den in Fell, Filz und Farbe gehüllten Protagonisten der Oper. Damit alles im spirituellen Gleichgewicht bleibt, finden sich Gott und Teufel zum Disput über das Bühnengeschehen, welches sich um den Baum der „Verwirrung“, der das Zentrum der Bühne bildet, im Zuschauerraum ein.

 

Seit seiner Uraufführung im Jahre 1821 wird Webers "Freischütz" immer wieder als "erste deutsche Nationaloper" gepriesen. So schreibt die Allgemeine Musikalische Zeitung im April 1843: "Kind's und Weber's Freischütz ist aber auch eine echt deutsche Oper. Ja, man kann in gewisser Hinsicht sagen, sie hat in sich selbst die erste in jeder Beziehung rein deutsche Nationaloper hingestellt. Die älteren Erscheinungen im Gebiete der deutschen Oper […] hatten fast alle irgendetwas Fremdartiges, Nichtdeutsches an sich, sei es in der Musik oder in den Büchern."

Nun, was auf dem Sockel steht, wird auch angepinkelt, das ist nun mal so, noch dazu, wenn es derart teutonisch daherkommt, mit Waldeslust und Eichengrün, mit Manneskraft und Weibertreu, mit Vaterland und Tod und Teufel. Dabei geht anpinkeln noch - wer sich daran erinnert, wie im Irak-Krieg Saddam-Hussein-Standbilder vom Sockel gestoßen wurden, ahnt, dass das Spaß machen muss.

Es ist aber auch kein Wunder: Pausenlos tritt uns etwas in den Weg, mit einer ausgeklügelten, strahlenden Fassade, mit einer Botschaft, die in uns etwas auslösen, uns zu etwas bewegen soll. Wer sich nicht darauf beschränkt, einem solchen Phänomen gegenüberzustehen, sondern den Weg verlässt und ein paar Schritte nach links oder rechts macht, der wird schnell immun gegen alle Überredungskünste - er sieht das Ding von der Seite, sozusagen in Unterhosen, er erkennt jetzt, wie es funktioniert, er versteht den Mechanismus. Und da regt sich eine diebische Lust, mal hier einen Splint zu ziehen, da ein Hebelchen umzulegen, ein Ventil zu öffnen vielleicht, und dann zuzuschauen, wie sich die Fassade verändert…


Mitwirkende:

Andreas Roth

Anne Petzsch

Claudius Ehrler

Clemens Kersten

Daniel Müller

Daniel Rothe

Dieter Beckert

Ella Späte

Frieder Selisko

Jelena Josic

Markus Teichler

Michael Albrecht

Michael Poscharsky

Rebekka Gruber

Wolf-Dieter Gööck


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